Foto: Der riesige Tintenfisch-Drachen
Nachdem ich in Sydney schon zu sesshaft geworden bin (bestes Warnsignal: Ich musste nicht mehr zwanghaft das Opernhaus fotografieren, sobald ich es sah) habe ich mich in den naechstbesten Bus gesetzt und bin nach nur 13 1/2 Stunden Fahrt hier in Byron Bay angekommen, um mein Leben als Backpacker zu beginnen. (Schon allein der Alliteration wegen.)
Byron Bay ist schon ziemlich weit im Norden von New South Wales gelegen. Ein kleiner, aber netter Ort, der hier in Australien ziemlich bekannt ist. Denn - laut Aussage in diversen Broschueren - war Byron Bay in den 60ern das australische Mekka fuer Surfer, in den 70ern das australische Mekka fuer Hippies, in den 80ern das australische Mekka fuer Backpacker und seitdem findet man hier von allem etwas. Letzterem kann ich nur zustimmen. Besonders haeufig ist die Kombination "Surfender Backpacker im Hippie-Look" anzutreffen. Standardfrisur: Dreadlocks. Und natuerlich findet man hier viele Oeko- und New Age-Laeden. Und hier ist staendig Party angesagt. Die Stadt lebt von Backpackern, es wimmelt nur so von ihnen! Abgesehen davon - und von den diversen Straenden - gibt es hier noch den Leuchtturm auf Cape Byron. Cape Byron ist uebrigens der oestlichste Zipfel vom australischen Festland.
Am Wochenende fand hier das "Kites and Bikes Festival" statt, welches schoen anzusehen war: Die verschiedensten Drachen - Teddybaer, Gitarre, Pinguin, Riesenoktopus und andere - wehten im brutal blauen Himmel ueber den Strand hinweg. Sehr huebsch anzusehen. Kurz zu meiner Unterkunft: Mein Hostel ist nett und gut gelegen. Ich brauche ganze zwei Minuten bis ich am Main Beach angelangt bin. Und sollte mir dieser Weg zu weit sein, muss ich von meiner Zimmertuer aus nur zweieinhalb Schritte ueber den Gang laufen und schon bin ich im beheizten Pool. Warm ist es hier auch. Schoen! :)
Zum Backpackerdasein gehoert neben dem Versehen von den eingekauften Lebensmitteln mit Namensschildchen natuerlich auch der typische Backpackerjob: Fruitpicking. Zu deutsch: Erntehelferin. Also ging ich Blaubeeren pfluecken. (Schon allein der Alliteration wegen!) Denn wozu ist mit man mit einem abgeschlossenen Studium, einem bereits einjaehrigen Aufenthalt im englischsprachigen Ausland usw. besser qualifiziert?! Eben. Der aufmerksame Leser hat sicherlich die Praeteritum-Form "ging" bemerkt. Brav! Blaubeeren pflueckte ich ganze zwei Tage lang, aber dabei verdient man nicht viel und es rentiert sich nicht wirklich. Weswegen ich es wieder aufgehoert habe. Obwohl es nicht schwer war, die Leute nett waren und es sogar Spass gemacht hat. Aber ich denke, dass mit dem Spass haette sich nach spaetestens zwei weiteren Tagen auch erledigt.
Nachdem ich schon einiges von Nimbin gehoert hatte, hauptsaechlich aber immer wieder den Satz: "Das muss man selbst erlebt haben, um es glauben zu koennen" bin ich fuer einen kleinen Tagesausflug nach Nimbin gefahren. Falls euch das nichts sagt, keine Bange. Ich erzaehle ja schon mehr davon!
Gleich.
Denn auf den Weg nach Nimbin fuhren wir - immer mit musikalischer Untermalung, ein Mix aus Reggae, Rock und Flower Power-Songs - durch subtropischen Regenwald und sahen den Minyon Falls-Wasserfall im Nightcap National Park. Zwar nicht besonders beeindruckend (vielleicht sollte ich nicht beim Stichwort "Wasserfall" sofort an die Niagarafaelle denken?), aber mit einem huebschen Regenbogeneffekt und einen Superausblick auf den Regenwald unter uns. Nun zurueck zu Nimbin.
Nimbin war in den 70ern die Hippie-Kommune Australiens schlechthin. (Ja, ich bin halt ein alter Hippie im Herzen. *gg* Oder doch nicht?) In diesem Ort fand das bekannte Aquarius-Festival (Anti-Kriegs, Pro-Frieden-Festival) statt. Aber warum habe ich nun von vielen anderen Backpackern faszinierende Stories gehoert? Ganz einfach: Nimbin ist auch heute noch von den Hippie-Nachfahren, teilweise den Originalen, bevoelkert und recht alternativ. Ausserdem ist es bekannt als - und dem verdankt es seinen Ruf - Marihuana-Hauptstadt Australiens. Das wurde einem spaetestens bewusst, als man das Shirt des Busfahrers ("Experience Nimbin on THC") und die eindringlichen Warnungen, dass Drogenkonsum illegal ist und man am besten keinen Kuchen, Kekse oder Orangensaft konsumieren sollte, wenn man nicht ins Gehege mit dem Gesetz kommen moechte, hoerte. (Orangensaft?! Das war mir neu!) In der Marihuana-Hauptstadt angekommen erst mal festgestellt, wie klein dieses Kaff doch ist. Und wenn ich sage klein und ihr jetzt denkt: "Oh, klein!", dann denkt noch kleiner. Kleiner! Das ist Nimbin. Die Hauptstrasse ist man in 90 Sekunden entlang gelaufen.
Die Gebaeude sind alle huebsch bunt bemalt, es gibt viele Hanfklamotten und Hanfblaetter zieren die meisten Produkte und Schaufenster. Es gibt sogar die "Hemp Embassy", die mit Bibelzitaten und plakativen Slogans wie "The Law is the Crime!" fuer die Legalisierung des Hanfs kaempft. Einmal im Jahr findet "Mardi Grass" (man achte auf das Doppel-s!) statt, waehrend dem sie unter anderem ueberdimensionale Joints durch die Strasse tragen. Aufkleber wie "Thank you for pot smoking" oder das "Australian Cooking with Cannabis Book" und aehnliche Produkte sind ueberall erhaeltlich.
Aber das eigentliche Ereignis sind die Einheimischen, die sich in aller Oeffentlichkeit und mitten auf der Strasse zudroehnen! Ueberall riecht es nach Marihuana. Und Zeitungsartikel ueber Bewohner mit skurrilen Geschichten, die jeder normale Mensch geheimhalten wuerde, werden stolz ueberall aufgehangen. Wie zum Beispiel die von einem Einwohner, der wegen Drogenbesitzes vor Gericht erscheinen musste, er einen Tag zu frueh kam und als Beweis dafuer, dass Hanf harmlos ist, gleich mal seine Hanfpflanze mitbrachte. Was ihm natuerlich eine weitere Strafe einbrachte. Doch der Hammer ist: Diese Aktion hat er schon zum zweiten Mal gebracht! Sein Kommentar: "Wenigstens habe ich dieses Mal meinen Blumentopf wieder bekommen. Irgendwann werden sie es auch verstehen." Sicher.
Mein Highlight war das Nimbin Museum, ein paar vollgestellte Raeume, sehr skurril, aber kuenstlerisch wertvoll und bunt. Ausserdem kostenlos. Nach einer Stunde intensiven Sightseeings ist man aber spaetestens mit allem durch. Und nein, keine Bange: Ich habe natuerlich kein Marihuana geraucht, gegessen, getrunken oder in irgendeiner anderen Art und Weise zu mir genommen.
Auf dem Wege zurueck aus Nimbin fuhren wir unter anderem an Macadamia- und Kaffee-Plantagen vorbei. Der Kaffee hier in der Gegend hat uebrigens letztes Jahr den "Weltbesten Kaffee-Preis" gewonnen. (Der offizielle Name ist wahrscheinlich... aehm...offizieller.) Ausserdem sind wir durch Lismore gefahren, welches die Aussies "Lesmore" tauften, weil es die Lesbenmetropole Australien ist. Ihr seht, eine interessante Gegend.
Ansonsten fand gestern der "Melbourne Cup" statt, DAS Pferderennereignis des Jahres! Frauen lieben es wegen der teuren Kleider, Huete und Pferde, Maenner lieben es wegen des Alkoholkonsums, der aufgehuebschten Frauen und der Wetten. Teilweise waren die Geschaefte deswegen geschlossen, nur damit ihr mal seht, was fuer ein Riesending das war.
Gut, soweit seid ihr mal wieder auf dem neuesten Stand. Demnaechst wieder mehr von mir.
4 Kommentare:
Ich lese dein Blog jetzt einfach nicht mehr. Das ist ja nicht zum Aushalten! Ich pflege gerade meinen ersten Schnupfen und stelle mich auf meine beginnende Spätherbstdepression ein, und dann tauchen bei dir Surfer, Hippies und Backpacker in einem Satz auf. Sonne war bestimmt auch irgendwo. Ha, auf dem Trollyfoto war Sonne! Und hier? Nix. Zula, ganz toll. Ich will demnächst mal zu Deichmann, Lammfellsocken kaufen. Wahrscheinlich erzählst du nächstes Mal von der Schafherde, die du im australischen Sonnenschein spontan mal für nen Tag gehütet hast. Pffff... Buhuuhuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu
Ich bin ja so arm! Ich ess jetzt noch ein bißchen Schokchi und vielleicht kann ich mich ja dann für dich freuen!
Ich drück dich trotzdem. Deine Manu
Manu, vielen Dank für deinen Kommentar! Aber tröste dich: Was gäbe ich für gute Schokolade im Moment. *schnief* Oder Eiscreme. Oder Vollkornbrot. Oder Mineralwasser! Nur damit du siehst, dass es trotz all der schönen Dinge auch viele Dinge gibt, die einfach fehlen. Und ich entschuldige mich jetzt schon für den nächsten Blog-Eintrag. Tut mir leid, ehrlich!
Tja, meine liebe Schwester, während du dich in der Sonne brutzeln lässt und das tolle Leben in Australien geniesst, habe ich all die netten Sachen hier zur Verfügung, denen du nachweinst. Schokolade. Von Milka. Ritter Sport. Oder lieber Lindt oder gar Zotter? Zotter ist kultig, vor allem die netten Sorten die es da so gibt wie z.B. Banane-Curry, BioBier oder gar Kürbiskerne mit Marzipan. Hm... die solltest du echt mal probieren. Aber naja - in Australien dürfte es diese österreichische Marke einfach nicht geben... Pech gehabt!
Mineralwasser? Gibts da unten kein Volvic? Aber halt, ich vergass, es soll ja schön mit Kohlensäure sein. Aber wer ein Jahr Au-Pair in den USA überlebt, überlebt auch ein Jahr in Australien ohne solche Segnungen der deutschen Esskultur.
Vollkornbrot? Wieso nicht gleich ein Brot mit Sonnenblumenkernen, wie du es immer so gerne vom E-Center geholt hast? Isst bei uns momentan kein Mensch mehr.
Fieses Brudi. Fies!!!
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