Mittwoch, Mai 16, 2007

Eva auf Phillip Island

Foto: Ein australischer Pinguin

Wuerde jemand tagsueber am menschenleeren Summerland Beach auf Phillip Island einen Strandspaziergang unternehmen, koennte er sich wahrscheinlich keinen Reim darauf machen: Grosse Betonstufen, zwischendrin eine Art Waechterhaeuschen und Scheinwerfer am Strand. Alles ist mit Blick aufs Meer ausgerichtet. Doch so sehr sich unser Strandspaziergaenger auch anstrengen wuerde, er koennte nichts Besonderes ausfindig machen, wuerde wohl nur ratlos mit den Schultern zucken und weiterlaufen.

Abends dagegen ein voellig anderes Szenario! Vor wenigen Minuten ist die Sonne untergegangen. Hunderte, wenn nicht sogar tausende von Touristen haben trotz des kuehlen Windes auf den Stufen Platz genommen. Die Scheinwerfer sind nicht besonders hell, aber doch hell genug, um den Strand vor den Stufen auszuleuchten. In der ersten Reihe (Juhu!) hat Eva auf ihrem Rucksack sitzend (der Beton ist nicht besonders warm) ihren Platz gefunden, um dem hier beheimateten Naturschauspiel bewohnen zu koennen: Phillip Island nahe Melbourne ist naemlich auch als Pinguin-Insel bzw. als Heimat der Pinguin-Parade bekannt.

Pinguine? In Australien?! Zugegebenermassen nicht unbedingt die Tiere, die einem sofort in den Sinn kommen, wenn man an den Kontinent down under denkt. Aber anders als bei Lamas und Kamelen, die hier ebenfalls zu finden sind, handelt es sich bei den Zwergpinguinen um eine einheimische Tierart. Sie sehen Kaengurus verdammt aehnlich, siehe Foto. Pinguine gibt es hier also anders als bei uns nicht nur im Zoo. Jeden Abend kommen sie aus dem Meer ans Land geschwommen und werden dabei von unzaehligen Busladungen von Touristen beobachtet. So auch von mir.

Gespannt blicken alle aufs Meer. Tatsaechlich dauert es nicht lange und man sieht ein erstes Pinguingrueppchen im Wasser parallel zum Strand schwimmen. Ganz schoen flink! Vorbildlich, als haette man sie abgerichtet, kommen die ersten Pinguine des Abends genau zwischen den beiden Stufengruppen an den Strand gewatschelt, so dass alle Touris eine perfekte Sicht auf sie haben. Echte Pinguine! Fuer die meisten anderen ist es ebenfalls das erste Mal, dass sie Pinguine in freier Wildbahn beobachten. Wirklich ueberwaeltigend, ungeachtet all der anderen Menschen. Doch es scheint nicht nur mir so zu gehen, es ist als ob alle auf einmal den Atem anhalten und gespannt auf die kleinen Tierchen starren.

Hach, die Pinguine sind so etwas von putzig! Nicht besonders gross, durchschnittlich ca. 33 cm. Die Stars des Abends haben uns alle im Sturm erobert. Die ersten sieben watscheln den Strand hoch Richtung Duenen. Ein neues Grueppchen schwimmt heran. Und noch eins. Mit der andaechtigen Stille ist es nun vorbei; Kinder jauchzen, alle unterhalten sich aufgeregt, deuten auf die Pinguine. Richtig drollig, sie zu beobachten, so verschiedene Persoenlichkeiten. Mein Sitznachbar faengt an die Pinguine vor uns zu kommentieren. Allerdings nicht besonders einfallsreich. Eva springt ein. Sitznachbar fuehlt sich wohl in seiner Ehre verletzt und versucht mich zu ueberbieten. Ein Wettbewerb? Das kann er haben! Ich laufe zur Hochform auf, der arme Kerl hat keine Chance. Grummelnd verzieht er sich, um einen besseren Blick auf die Pinguine zu haben. Sicher, in der fuenften Reihe sieht man sie auch viel besser als in der ersten! Als bescheidene, aber eindeutige Gewinnerin (Aetsch! *freudentanz auffuehr*) beginne ich bereits von einer Karriere als professionelle Pinguinparadenkommentatorin zu traeumen...

An diesem Abend kommen mehr als 1000 Pinguine an Land. Natuerlich nicht alle an unserem kleinen Strandabschnitt. Die Australier erweisen sich hier uebrigens als ueberaus geschaeftstuechtig. Fuer einen entsprechenden Aufpreis kann man die Pinguine auch in kleinerer bis ganz exklusiver Runde beobachten.

Nach einer Weile werden wir vom Ranger verscheucht, weil sie die Stufen "schliessen" muessen. Doch damit ist das Spektakel noch lange nicht vorbei! Ein Bretterweg, teils auf Stelzen, fuehrt durch die Duenen. Die Pinguine kennen keine Scheu und man kann sie aus naechster Naehe beobachten. Sie sind laut, verdammt laut! Sie suchen nach ihren jeweiligen Partnern und rufen sie. So koennte eine einsame Pinguindame etwa rufen: "Mensch, wo bist du nur? Mal wieder nicht getraut nach dem Weg zu fragen und an der falschen Welle abgebogen? Und nun sitze ich hier ganz allein in den Duenen rum wie bestellt und nicht abgeholt." Ein Pinguinmaennchen watschelt vorbei: "Auch allein? Ich kann meine Alte ebenfalls nicht finden. Wahrscheinlich hat sie sich laengst einen anderen Kerl geschnappt. Na, wie waers denn mit uns beiden?" - "Meinetwegen." Schwupps, ein neues Pinguinpaerchen! Zwergpinguine sind nicht besonders treu oder waehlerisch, wie ihr euch vielleicht denken koennt. Oder scheu, es macht ihnen gar nichts aus, wenn sie von fuenfzig neugierigen Touristen beim Paarungsritual beobachtet werden.
Auf dem Weg zum Ausgang wird der Besucherstrom aufgehalten: Einige Pinguine wollen auf die andere Seite der Duene, doch der Besucherfussweg liegt dazwischen. Kein Problem. Einfach eine Tuere links und eine Tuere rechts im Zaun aufgemacht und schon watscheln und purzeln sie direkt an den Besuchern vorbei auf die andere Seite. Pinguine haben eben Vorfahrt! Selbst auf dem Parkplatz kann man sie noch hoeren und Hinweisschilder bitten eindringlich darum, vor Abfahrt unter dem Auto nachzusehen, ob sich da nicht ein verirrter Pinguin versteckt.

Doch nicht nur Pinguine hat es hierher verschlagen. Ich entdecke in einer Ecke eine besonders seltene Touristenart: Computer-Freaks. Was sie wohl hierher gefuehrt hat? Pinguine haben doch mal gar nichts mit PCs zu tun? Falsch gedacht! Der Zwergpinguin dient naemlich als Vorlage fuer das Logo eines freien Betriebssystems. Doch sogar die Computer-Freaks haben dies fuer einen Moment vergessen und sich an den Zwergpinguinen in natura erfreut. Es gibt also noch Hoffnung.

Mein Fazit: Die Pinguinparade ist zwar extrem kommerziell, dennoch ein faszinierendes und putziges Naturschauspiel!

Auf dem Foto seht ihr natuerlich keinen Pinguin, sondern ein Kaenguru. Hat mir das etwa ernsthaft jemand abgekauft?! Fotografieren war waehrend der Pinguinparade strikt untersagt und irgendwie musste ich euch ja endlich mal das obligatorische Kaengurufoto liefern. Habe ich doch geschickt eingefaedelt, oder? :)

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

So, da Eva zu unfähig ist, uns trotz Knipsverbots ein paar Pinguine zu zeigen, hab ich mal gegoogelt, denn ich wollte unbedingt ein paar Fotos davon sehen! Sind das die richtigen Frackträger?

http://www.pacificislandtravel.nl/australia/bestemmings_info/vic/philli96.jpg

Schäm dich, Eva! Promis abknipsen aber bei Pinguinen auf Verbote achten. Ich bin enttäuscht! Hab in Ägypten auch in den Gräbern geknipst. *fies grins*

Eva hat gesagt…

Wie gemein! Ich, unfaehig?! Blasphemie!!! Aber weil ich so herzensgut bin, veroeffentliche ich deinen Kommentar nicht nur, sondern beantworte auch deine Frage: Ja, das sind sie. Und extra fuer dich noch ein Link zur Pinguin-Parade, wo es noch ein paar mehr Bildchen gibt.

Gut zu wissen, dass du illegalerweise Graeber in Aegypten fotografiert hast. Ha, nun habe ich endlich etwas gegen dich in der Hand! ;)

Anonym hat gesagt…

Da hast du aber nicht viel in der Hand.

1. Weiß es ja dank dieses Eintrags nun eh jeder.
2. Hab ich den Grabwächter geschmiert und somit die Schuld auf ihn abgewälz. (He he.) Du möchtest doch nicht etwa schuld daran sein, wenn ein Ägypter seine 8köpfige Familie nicht mehr ernähren kann, weil er gefeuert wurde?
3. Meine Dozenten (die übrigens dabei waren) meinten, die Fotos darf man trotzdem jederzeit veröffentlichen, egal ob Fotoverbot oder nicht. (Nochmal he he.)

Ich hoffe, ich komm bald mal wieder dazu, dir zu mailen.

Anonym hat gesagt…

Ui, Eva bandelt mit einem Zwergpinguin an ;)

Eva hat gesagt…

@good old b.:
Abwarten, meine Liebe, abwarten!

@tinschoe:
Mit einem? Die sind so putzig, da kann man schon mal eine kleine Schar ins Auge fassen! ;) *heimlich einen Zwergpinguin neben den bereits dort wohnenden Schnabeligel in mein Gepaeck stopfe*